Elektronische Steuererklärung: Wann liegt eine offenbare Unrichtigkeit vor?

Ein Steuerbescheid kann auch dann wegen einer offenbaren Unrichtigkeit geändert werden, wenn der Steuerpflichtige eine elektronische Steuererklärung eingereicht hat.

Hintergrund

Die X-GmbH war an der C-GmbH beteiligt, von der sie im Jahr 2013 Ausschüttungen erhielt. Der Steuerberater S reichte Mitte Dezember 2014 elektronisch die von ihm selbst erstellte Körperschaftsteuer-Erklärung und den Jahresabschluss ein. Die Erklärung enthielt keine Angaben zu den Zeilen 44a ff. des Mantelbogens. Ende Dezember 2014 reichte die X-GmbH 2 Steuerbescheinigungen der C-GmbH über Ausschüttungen und Kapitalertragsteuer ein. In der Anlage WA (“Weitere Angaben”) ist die anrechenbare Kapitalertragsteuer angegeben. In der Gewinn- und Verlustverrechnung hatte die X-GmbH u. a. “Erträge aus Beteiligungen” erfasst.

Das Finanzamt setzte die Körperschaftsteuer auf 0 EUR fest und rechnete die Kapitalertragsteuer an. Darüber hinaus erließ das Finanzamt einen Bescheid über den verbleibenden Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer. Im Jahr 2015 beantragte die X-GmbH die Änderung des Bescheids, da die Ausschüttung versehentlich als steuerpflichtig behandelt worden war. Das Finanzamt und danach das Finanzgericht lehnten eine Änderung ab.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof kam dagegen zu dem Ergebnis, dass der Steuerbescheid wegen einer offenbaren Unrichtigkeit geändert werden konnte.

Das Finanzamt kann Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Bescheids unterlaufen sind, jederzeit berichtigen. Grundsätzlich muss die offenbare Unrichtigkeit in der Sphäre des Finanzamts entstanden sein. Da die Unrichtigkeit aber nicht aus dem Bescheid selbst erkennbar sein muss, muss der Bescheid auch dann geändert werden, wenn das Finanzamt offenbar fehlerhafte Angaben des Steuerpflichtigen als eigene übernimmt.

Dagegen schließen Fehler in der Rechtsanwendung (unrichtige Auslegung/Anwendung einer Rechtsnorm, unrichtige Tatsachenwürdigung, unzutreffende Annahme eines nicht vorliegenden Sachverhalts) eine offenbare Unrichtigkeit aus. Diese Grundsätze gelten auch bei der Einreichung elektronischer Steuererklärungen.

Hiervon ausgehend lag nach Ansicht des Bundesfinanzhofs eine offenbare Unrichtigkeit vor. Entscheidend war, dass die Zeile 44a der Körperschaftsteuer-Erklärung nicht ausgefüllt wurde. Das Finanzamt konnte anhand der nachgereichten Steuerbescheinigungen und der Anlage WA erkennen, dass die X-GmbH 2 Gewinnausschüttungen der C-GmbH erhalten hatte. Aus der Gewinn- und Verlustrechnung konnte das Finanzamt ebenfalls erkennen, dass diese Beträge als Gewinnausschüttungen im Gewinn der X-GmbH erfasst waren. Dann musste die X-GmbH zwingend eine Eintragung in Zeile 44a vornehmen. Diese Eintragung fehlte, sodass die Körperschaftsteuer-Erklärung unrichtig war.

Die Unrichtigkeit war angesichts der beigefügten Bilanz, der Steuerbescheinigungen und der Anlage WA für das Finanzamt auch offenbar, auch war der Sachverhalt nicht unklar. Dass Zeile 44a der Körperschaftsteuer-Erklärung nicht ausgefüllt war, lag keiner rechtlichen Überlegung des S zugrunde. Vielmehr wurde die Eintragung schlicht vergessen. Diese offenbare Unrichtigkeit der Steuererklärung schlägt auf den Bescheid durch. Denn das FA hat die offenbare Unrichtigkeit bei der Erteilung des Bescheids übernommen und die bescheinigte Kapitalertragsteuer angerechnet.