Wenn im Anwaltspostfach Schriftstücke verschwinden: Wiedereinsetzung möglich?

Wird ein Schriftsatz über das besondere elektronische Anwaltspostfach an das Gericht geschickt, können Sonderzeichen oder Umlaute bei der Dateibezeichnung dazu führen, dass er im justizinternen Server hängen bleibt. Da weder der Anwalt noch das Gericht darüber informiert werden, kann in einem solchen Fall Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden.

Hintergrund

Der Prozessbevollmächtigte versendete den Beschwerdebegründungsschriftsatz über das besondere elektronische Anwaltspostfach und verwendete dazu die von der Bundesrechtsanwaltskammer zur Verfügung gestellte Webanwendung. Bei der Dateibezeichnung benutzte er unzulässige Zeichen, wozu auch zwei Punkte hintereinander gehören. Das wusste jedoch der Rechtsanwalt nicht.

Aufgrund des Dateinamens wurde die Nachricht vom zentralen Server des Elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfachs dem Bundesfinanzhof nicht zugestellt. Stattdessen landete sie in einem Verzeichnis für unzulässige Nachrichten. Die Frist zum Einreichen der Berufungsbegründung verstrich daher aus Sicht des Gerichts ungenutzt.

Weder der Rechtsanwalt noch der Bundesfinanzhof wurden über die Nichtzustellung der Berufungsbegründung informiert. Der Prozessbevollmächtige erhielt vielmehr die Mitteilung, dass die Nachricht erfolgreich versandt wurde und zugegangen war. Erst als der Bundesfinanzhof den Anwalt auf die Fristversäumnis hingewiesen hatte, versendete er den Begründungsschriftsatz nochmals.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof gewährte dem Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand von Amts wegen. Zur Begründung führten die Richter aus, dass die Fristversäumnis unverschuldet war. Denn der Rechtsanwalt konnte im vorliegenden Fall nicht erkennen, dass die Nachricht nicht zugestellt worden war.

Zwar wurde in den Erläuterungen zum besonderen elektronischen Anwaltspostfach und den örtlichen Anwaltskammern darauf hingewiesen, dass Sonderzeichen und Umlaute bei der Bezeichnung der Datei vermieden werden sollten, da dies Probleme bei der Verarbeitung der Dateien machen könnte. Welche Folgen eine solche Verwendung haben kann, wurde jedoch nicht erläutert.