Aufwendungen aus einer Einzahlung in die Kapitalrücklage, die ein Gesellschafter zur Vermeidung einer Bürgschaftsinanspruchnahme tätigt, führen zu nachträglichen Anschaffungskosten auf seine Beteiligung.
Hintergrund
X war zusammen mit seiner Mutter und 3 Brüdern an der A-GmbH beteiligt. Im Jahr 1999 hatte er zusammen mit einem Bruder eine Bürgschaft für Bankverbindlichkeiten der A-GmbH übernommen. Darüber hinaus stand der Bank eine Grundschuld auf einem Grundstück als Sicherheit zur Verfügung, das der Mutter gehörte. Nach 2 Verlustjahren stellte die A-GmbH ihren Betrieb zum Ende des Jahres 2009 ein. Ihr gesamtes Vermögen veräußerte sie an die I-GmbH. An dieser waren X, sein Bruder D und ein Dritter zu je einem Drittel beteiligt. Im Februar 2010 gingen der Anteil der Mutter an der A-GmbH und das Grundstück auf X und seine Brüder als Erben zu gleichen Teilen über.
Im Laufe des Jahres 2010 leisteten X und seine Brüder jeweils in gleicher Höhe Zuführungen in die Kapitalrücklage der GmbH, um eine drohende Liquidation zu vermeiden. Nachdem die Bank Ende 2010 einen Teilverzicht auf ihre Forderungen in Aussicht gestellt hatte, zahlte die A-GmbH einen Teilbetrag an die Bank. Danach veräußerten X und seine Brüder die Anteile an der A-GmbH zum Preis von 0 EUR an die I-GmbH. Die Grundschuld wurde gelöscht.
Für das Jahr 2010 machte X einen Veräußerungsverlust geltend. Diesen errechnete er aus einem anteiligen Verlust der Stammeinlage und nachträglichen Anschaffungskosten aus der Kapitalzuführung. Das Finanzamt dagegen ermittelte den Veräußerungsverlust, indem es die von den Gesellschaftern geltend gemachten Anschaffungskosten, also Kapitalrücklage plus Stammkapital, um die zugunsten der Bank eingetragene Grundschuld minderte und den verbleibenden Betrag auf X und die Brüder verteilte.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof entschied, dass der von X getragene Aufwand bei der Berechnung seines Verlustes aus der Veräußerung der GmbH-Anteile als nachträgliche Anschaffungskosten zu berücksichtigen waren. Nach der Rechtsprechung sind nachträgliche Anschaffungskosten auf die Beteiligung nur solche Aufwendungen des Gesellschafters, die nach handels- und bilanzsteuerrechtlichen Grundsätzen zu einer offenen oder verdeckten Einlage in das Kapital der Gesellschaft führen. Hierzu zählen u. a. auch freiwillige und ohne Gewährung von Vorzügen seitens der Kapitalgesellschaft erbrachte Einzahlungen in die Kapitalrücklage, wie sie X im vorliegenden Fall leistete.
Der Anerkennung als Anschaffungskosten stand nicht entgegen, dass die A-GmbH die der Kapitalrücklage zugeführten Mittel dazu verwendete, die besicherten Verbindlichkeiten abzulösen. Denn es spielte keine Rolle, wie die Gesellschaft den vom Gesellschafter eingezahlten Betrag verwendete. Unerheblich war ebenso, wie der Rückgriffanspruch des X gegen die A-GmbH zu bewerten gewesen bzw. ob er mit seinem Anspruch ausgefallen wäre, wenn die Bank in das Grundstück vollstreckt oder ihn als Bürge in Anspruch genommen hätte.
Zuletzt sah der Bundesfinanzhof in der Vorgehensweise des X keinen Gestaltungsmissbrauch. Die Ausstattung einer Gesellschaft mit Eigenkapital widersprach nicht den Wertungen des Gesellschaftsrechts. Denn dadurch war es der Gesellschaft möglich, wechselnde Kapitalbedürfnisse durch Eigenkapital statt durch Fremdkapital zu decken. In einem solchen gesellschaftsrechtskonformen Vorgehen konnte kein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten liegen, zumal das Steuerrecht die Verwendung von Eigenkapital begünstigt.