Vor der Anschaffung oder Herstellung eines Reinvestitionswirtschaftsguts darf der Steuerpflichtige eine Rücklage nach § 6b EStG nicht auf einen anderen Betrieb übertragen.
Hintergrund
Die Eltern unterhielten einen landwirtschaftlichen Betrieb. Im Wirtschaftsjahr 2005/2006 bildeten sie für einen Gewinn aus Grundstücksverkäufen eine Rücklage in Höhe von 350.000 EUR. Am 30. Dezember 2006 übertrugen sie den Betrieb unentgeltlich auf ihren Sohn S. Bereits 2003 hatten sie eine KG zur Errichtung und Vermietung von Mehrfamilienhäusern gegründet. Kommanditisten waren zunächst die Eltern. Nach verschiedenen unentgeltlichen Übertragungen ihrer KG-Anteile an ihre Kinder waren sie zum 31. Dezember 2006 noch zu 8 % beteiligt.
In ihrer Sonderbilanz bei der KG auf den 31. Dezember 2006 wiesen die Eltern eine entsprechende Rücklage aus. Sie hatten die im landwirtschaftlichen Betrieb gebildete Rücklage in ihr Sonder-Betriebsvermögen bei der KG übertragen. Darin befand sich außerdem ein Grundstück, auf dem die Eltern ein Mehrfamilienhaus errichteten. Dieses wurde am 30. Juni 2007 fertiggestellt und in der Sonderbilanz auf den 5. Juli 2007 bilanziert. Die Rücklage zogen sie in voller Höhe von den Herstellungskosten ab. Das Grundstück und das Gebäude überließen die Eltern unentgeltlich der KG.
Das Finanzamt verweigerte den Abzug der Rücklage, da diese erst in dem Wirtschaftsjahr auf einen anderen Betrieb übertragen werden kann, in dem der Abzug von den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten bei den Wirtschaftsgütern des anderen Betriebs vorgenommen wird. Das war im vorliegenden Fall erst das Jahr 2007, in dem das Gebäude fertiggestellt wurde. Das Finanzgericht gab der Klage statt.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof entschied, dass die Eltern des S zwar grundsätzlich befugt waren, die in ihrem landwirtschaftlichen Betrieb gebildete Rücklage von den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten anderer Wirtschaftsgüter in ihrem Sonder-Betriebsvermögen bei der KG abzuziehen. Dem Abzug stand jedoch hier entgegen, dass sich zum Bilanzstichtag 31. Dezember 2006 in ihrem Sonder-Betriebsvermögen bei der KG noch kein Reinvestitionswirtschaftsgut befand, von dessen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten sie die Rücklage hätten abziehen können. Denn das Gebäude wurde erst 2007 fertiggestellt. Eine isolierte Übertragung der Rücklage in ein anderes Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen ohne gleichzeitigen Abzug von den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten eines begünstigten Wirtschaftsguts ist gesetzlich nicht zulässig.
Der eindeutige Gesetzeswortlaut setzt insbesondere voraus, dass der Abzug von den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten eines innerhalb von vier bzw. sechs Jahren angeschafften oder hergestellten Reinvestitionswirtschaftsguts vorgenommen wird. Die schlichte Übertragung einer Rücklage ohne Abzug von den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten eines Reinvestitionswirtschaftsguts findet jedoch im Gesetz keine Grundlage. Die Eltern konnten deshalb die Rücklage bis zum 31. Dezember 2006 nicht abziehen. Eine Übertragung der Rücklage auf ein unfertiges Gebäude ist ausgeschlossen.
Die Rücklage war damit am 30. Dezember 2006 weiterhin im landwirtschaftlichen Betrieb der Eltern vorhanden. S trat zu diesem Zeitpunkt als Betriebsübernehmer in die Rechte und Pflichten der Betriebsübergeber ein. Die von den Eltern gebildete Rücklage musste S übernehmen und entsprechend fortführen. Da S die Rücklage vor Ablauf des Wirtschaftsjahres 2009/2010 weder aufgelöst noch von den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten eines Reinvestitionswirtschaftsguts abgezogen hatte, durfte das Finanzamt die Rücklage gewinnerhöhend auflösen.