Bei der Bekanntgabe von Verwaltungsakten wird normalerweise von einer 3-Tagesfiktion ausgegangen. Diese gilt jedoch nicht bei Übersendung einer Einspruchsentscheidung durch einen privaten Postdienstleister, der wiederum einen Subunternehmer einschaltet.
Hintergrund
Die Familienkasse lehnte für die beiden Töchter des Klägers die Gewährung von Kindergeld ab. Dagegen legte der Kläger Einspruch ein. Die Einspruchsentscheidung fertigte die Sachbearbeiterin am 5. November 2015 an und gab diese am 6. November 2015 zur Post. Der Postausgang wurde im November 2015 durch ein Subunternehmen eines regionalen Postdienstleisters abgeholt. Am 10. Dezember 2015 erhob der Kläger Klage. Die Familienkasse ging von einer verspäteten Klageerhebung aus und verwies auf die Zugangsfiktion. Der Kläger bestritt, dass ihm die Einspruchsentscheidung tatsächlich innerhalb von 3 Tagen zugegangen war. Das Finanzgericht wies die Klage zunächst wegen Versäumnis der Klagefrist ab, musste sich aber erneut mit dem Fall beschäftigen, nachdem der Bundesfinanzhof die Entscheidung aufgehoben hatte.
Entscheidung
Das Finanzgericht entschied, dass die Klage zulässig war. Es konnte insbesondere nicht davon ausgegangen werden, dass tatsächlich am 5. November 2015 die Aufgabe zur Post erfolgte. So konnte nicht nachgewiesen werden, dass an diesem Tag tatsächlich eine Abholung durch den Subunternehmer erfolgte. Außerdem war bei einer solchen Gestaltung, bei der die Abholung unter Zwischenschaltung eines weiteren Dienstleistungsunternehmens erfolgte, fraglich, ob die Post tatsächlich innerhalb von 3 Tagen zugegangen war.
Dass das private Postunternehmen die gleiche Zuverlässigkeit in der Zustellung aufweist, wie ein Postuniversaldienstleister, muss die Behörde nachweisen. Hieran ergaben sich Zweifel, die die Behörde nicht ausräumen konnte. Der zugrundeliegende Dienstleistungsvertrag über die Postzustellung beinhaltete nämlich lediglich die Zustellung von Montag bis Freitag. Auch war kein Zustellungsziel von 95 % auf den zweiten Werktag nach Abholung vereinbart worden. Das Finanzgericht ging deshalb davon aus, dass die Bekanntgabe erst am 10. November 2015 erfolgte, sodass die Klage fristgerecht erhoben worden war.