Auch wenn ein Prüfingenieur auf die Hilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte setzt, steht dies einer Freiberuflichkeit seiner Tätigkeit nicht unbedingt entgegen. Allerdings muss er selbst weiterhin leitend und eigenverantwortlich tätig sein. Eine stichprobenartige Überwachung genügt dafür nicht.
Hintergrund
Die Klägerin war eine GbR, bestehend aus dem Diplom-Ingenieur (FH) und Prüfingenieur A und B. Sie führte u. a. Haupt- und Abgasuntersuchungen an Kfz durch. Den überwiegenden Teil der Prüfungen führten jedoch nicht die Gesellschafter A und B selbst, sondern 3 angestellte Prüfingenieure durch. Das Finanzamt ging deshalb davon aus, dass es insoweit an einer leitenden und eigenverantwortlichen Tätigkeit der Gesellschafter fehlte und wertete die Einkünfte der GbR insgesamt als gewerblich. Dieser Argumentation folgte das Finanzgericht und wies die Klage ab.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof entschied, dass es für die von den Angestellten der GbR durchgeführten Prüfungen an einer eigenverantwortlichen Tätigkeit der Gesellschafter fehlte.
Der freiberuflichen Tätigkeit eines Berufsträgers steht zwar die Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte nicht entgegen. Allerdings ist diese nur unschädlich, wenn die persönliche Teilnahme des Berufsträgers an der praktischen Arbeit in ausreichendem Umfang gewährleistet ist. Die Leistung muss den “Stempel der Persönlichkeit” des Berufsträgers tragen, die Tätigkeit der Mitarbeiter muss als solche des Berufsträgers erkennbar und damit ihm persönlich zurechenbar sein. Dementsprechend ist ein selbstständig tätiger Ingenieur nur eigenverantwortlich tätig, wenn die Ausführung jedes einzelnen Auftrags ihm selbst – und nicht dem qualifizierten Mitarbeiter – zuzurechnen bzw. als seine erkennbar ist.
Im vorliegenden Fall waren die Gesellschafter A und B zwar freiberuflich tätig, soweit sie selbst Untersuchungen durchgeführt haben. Soweit der überwiegende Teil jedoch von den angestellten Ingenieuren durchgeführt wurde, fehlte es an einer eigenverantwortlichen Tätigkeit der GbR. A und B nahmen an den von den Angestellten durchgeführten Untersuchungen regelmäßig nicht persönlich teil, sondern überwachten diese lediglich stichprobenartig. Nur in seltenen Zweifelsfällen wurden sie hinzugezogen. Die Verantwortung verblieb jedoch beim angestellten Ingenieur, der die Prüfung durchführte. Die somit nur geringe Einbindung der Gesellschafter in die eigenständige Prüfungstätigkeit der angestellten Ingenieure genügte nicht, um deren Tätigkeit als solche der Gesellschafter erkennbar zu machen.
Da die Gesellschafter ihre Leistungen teilweise freiberuflich und teilweise mangels Eigenverantwortlichkeit gewerblich erbrachten, war ihre Tätigkeit nach der sog. Abfärbewirkung in vollem Umfang als gewerblich zu qualifizieren. Dementsprechend führte der Bereich, in dem die Gesellschafter nicht eigenverantwortlich tätig waren, zu insgesamt gewerblichen Einkünften der GbR.