Bestimmung: niedrigere gemeine Wert eines Grundstücks

Aus dem Wertansatz in der Bilanz der Gesellschaft oder aus dem Kaufpreis für einen Gesellschaftsanteil kann grundsätzlich nicht der niedrigere gemeine Wert eines zum Vermögen einer Gesellschaft gehörenden Grundstücks abgeleitet werden.

 

Hintergrund

A war zusammen mit B an einer GbR beteiligt. Im Gesamthandsvermögen befand sich ein vermietetes Gebäudegrundstück. Das Grundstück war einschließlich der Betriebsvorrichtungen mit 2,8 Mio. EUR aktiviert. Es waren u. a. Verbindlichkeiten von 3 Mio. EUR ausgewiesen. Später verkaufte B seine Anteile an der GbR i. H. v. 44 % an A und zu 6 % an eine GmbH. An dieser waren A und B je zur Hälfte beteiligt. Als Kaufpreis für den GbR-Anteil war ein Betrag von 100 EUR vereinbart. Gleichzeitig verpflichtete sich B, seine Anteile an der GmbH an A zu verkaufen.

Das Finanzamt ermittelte den Grundstückswert im Ertragswertverfahren. Für Zwecke der Grunderwerbsteuer stellte es den Wert mit 3,4 Mio. EUR gesondert fest. A machte dagegen geltend, dass der Grundstückswert sich aus dem Bilanzansatz bei der GbR ohne Betriebsvorrichtungen ergab. Denn bei der Bemessung des Kaufpreises für den GbR-Anteil wurden die Bilanzansätze zugrunde gelegt. Dem folgte das Finanzgericht nicht und wies die Klage ab.

 

 

Entscheidung

Die Revision vor dem Bundesfinanzhof hatte ebenfalls keinen Erfolg, sondern wurde zurückgewiesen. Die Richter begründeten das wie folgt: Ein Geschäftsgrundstück ist im Ertragswertverfahren zu bewerten. Weist der Steuerpflichtige nach, dass der gemeine Wert niedriger ist, ist dieser Wert anzusetzen. Der Nachweis kann durch ein Sachverständigengutachten geführt werden. Dafür kommt aber regelmäßig nur eine Begutachtung durch den örtlich zuständigen Gutachterausschuss oder durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen in Betracht.

Eine Alternative besteht darin, dass der Nachweis auch durch einen im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zeitnah zum Bewertungsstichtag erzielten Kaufpreis erbracht werden kann.

Diese anerkannten Nachweismethoden sollen dem Finanzamt weitere Ermittlungen und Beweisaufnahmen ersparen. Auch sollen sie zu einem eindeutigen Bewertungsergebnis bei einem vertretbaren Verwaltungsaufwand führen.

Andere Beweismittel müssen diesen Vorgaben gerecht werden. Der Bilanzwert allein ist dazu nicht geeignet. Er ist weder Indiz noch Nachweis für den gemeinen Wert eines Wirtschaftsguts. Gerade bei Grundstücken liegen die Bilanzwerte regelmäßig deutlich unter dem Verkehrswert. Der gemeine Wert eines zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Grundstücks kann auch nicht aus dem Kaufpreis für die Gesellschaftsanteile abgeleitet werden. Das gilt insbesondere, wenn das Gesellschaftsvermögen weitere Gegenstände umfasst. Der Erwerb eines Grundstücks kann mit dem Erwerb von Anteilen an einer grundstückbesitzenden Gesellschaft nicht gleichgesetzt werden. Eine Aufteilung des Kaufpreises auf einzelne Wirtschaftsgüter ist in der Regel nicht möglich. Im Streitfall konnte daher aus dem Verkauf des GbR-Anteils in Verbindung mit der GbR-Bilanz ein niedriger gemeiner Wert des Grundstücks nicht nachgewiesen werden – zumindest nicht ohne erheblichen Ermittlungsaufwand.