Bekommt ein ins Ausland entsandter Arbeitnehmer seine Reisekosten erstattet, stellt sich die Frage, ob auf diese der Progressionsvorbehalt angewendet wird. Ja, meint das Niedersächsische Finanzgericht. Das letzte Wort hat der Bundesfinanzhof.
Hintergrund
Der Kläger war als Diplom-Chemiker bei einem Automobilkonzern beschäftigt. Zum 1. Juli 2013 begann er einen Auslandseinsatz in den USA. Der Entsendungsvertrag sah eine Befristung des Einsatzes auf drei Jahre vor und beinhaltete diverse Zusatzleistungen. Unter anderem erhielt der Kläger für seine Wohnung einen Wohnungskostenzuschuss von rund 20.000 EUR sowie ein Flugbudget von rund 2.800 EUR. Inklusive sämtlicher Zusatzleistungen belief sich der ausländische Arbeitslohn im Jahr 2014 auf 175.413 EUR. Das Finanzamt bezog den kompletten Betrag in die Berechnung des Progressionsvorbehalts ein. Dagegen war der Kläger der Auffassung, dass von den Zusatzleistungen ein Betrag von 19.500 EUR als steuerfreie Reisekostenerstattung im Rahmen einer Auswärtstätigkeit anzusehen ist.
Entscheidung
Die Klage hatte vor dem Finanzgericht keinen Erfolg. Die Richter entschieden, dass das Finanzamt zutreffend ausländische Einkünfte von 175.413 EUR dem Progressionsvorbehalt unterzogen hatte. Der Kläger war unbeschränkt einkommensteuerpflichtig, weil er seinen Wohnsitz in Deutschland während der Entsendung beibehalten hatte. Nach dem Doppelbesteuerungsabkommen mit den USA waren die Einnahmen aus dem Beschäftigungsverhältnis zwar dem Besteuerungsrecht der Vereinigten Staaten zuzuordnen. Jedoch mussten die Einkünfte in Deutschland bei der Ermittlung des Steuersatzes erfasst werden und unterlagen dem Progressionsvorbehalt. Eine steuerfreie Reisekostenerstattung konnte, wie vom Kläger begehrt, nicht von den Einkünften abgezogen werden. Denn das Werk in den USA war die erste Tätigkeitsstätte des Klägers, sodass insoweit keine Auswärtstätigkeit vorlag.