Erhält ein Erwerbsloser eine Entschädigung wegen einer missglückten Operation, stellt sich die Frage, ob diese steuerpflichtig ist oder nicht. Das hängt davon ab, ob damit steuerbare und steuerpflichtige Einnahmen ersetzt werden sollen.
Hintergrund
Der 1964 geborene A schied nach betriebsbedingter Kündigung zum Jahresende 2000 gegen Zahlung einer Abfindung aus dem Betrieb aus. Seitdem war er arbeitslos gemeldet. Als Folge einer missglückten Operation im Jahr 2003 wurde er dauerhaft erwerbsunfähig. Seit Februar/März 2004 bezog er Arbeitslosengeld II.
Im Jahr 2009 zahlte der Haftpflichtversicherer des Schädigers dem A zum Ausgleich sämtlicher Schäden insgesamt 490.000 EUR. Davon waren 255.000 EUR Schmerzensgeld und Haushaltsführungsschaden und 235.000 EUR für Verdienstausfall. Gleichzeitig sicherte A zu, keine Leistungen eines Sozialversicherungsträgers zu erhalten. Bereits vor 2009 geleistete Vorschüsse von 50.000 EUR sollten angerechnet werden. Die Versicherung bemaß den Erwerbsschaden des A für die Vergangenheit mit 60.000 EUR und für die Zukunft mit 175.000 EUR (Summe 235.000 EUR). Zur Ermittlung des Verdienstausfalls hatte A der Versicherung die Lohnabrechnungen eines gleich qualifizierten Arbeitskollegen zur Verfügung gestellt, der eine vergleichbare Tätigkeit ausübte. Nachdem A der Vereinbarung im Jahr 2009 zugestimmt hatte, leistete die Versicherung die Abschlusszahlung von 440.000 EUR (490.000 EUR ./. 50.000 EUR) ebenfalls im Jahr 2009.
Das Finanzamt wertete die Entschädigung für den Verdienstausfall als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit und wendete darauf die Tarifermäßigung nach der Fünftel-Regelung an. Das Finanzgericht wies die Klage ab, da es für die steuerliche Erfassung unerheblich war, dass A zum Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stand.
Entscheidung
Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit kommt eine Entschädigung als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen nur für Zahlungen in Betracht, die den Erwerbs- und Fortkommensschaden ausgleichen sollen. Nur insoweit wird Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen geleistet. Beträge, mit denen Arzt- und Heilungskosten oder andere verletzungsbedingte Mehraufwendungen ersetzt werden oder die als Schmerzensgeld immaterielle Einbußen ausgleichen sollen, fallen nicht darunter. Bei den Einnahmen, deren Ausfall ersetzt werden soll, muss es sich um steuerbare und steuerpflichtige Einnahmen handeln, die unter eine bestimmte Einkunftsart fallen. Entscheidend für die steuerliche Erfassung ist daher, ob mit der Zahlung steuerbare und steuerpflichtige Einnahmen ersetzt werden sollen (sog. Verdienstausfall) oder ob der Wegfall des Anspruchs auf steuerfreie Sozialleistungen wie das Arbeitslosengeld I bzw. II ausgeglichen werden soll.
Bei der Auslegung einer Entschädigungsvereinbarung ist nicht die Bezeichnung der Entschädigungszahlung entscheidend, sondern der Zweck der Leistung.
Da sich aus dem Finanzgerichtsurteil nicht ergab, auf welcher Grundlage die Entschädigung errechnet wurde bzw. welchen Schaden die Versicherung ersetzen wollte, war es aufzuheben. Zwar hatte A auf die Lohnabrechnungen eines Berufskollegen verwiesen, ob die Versicherung diese Umstände aber tatsächlich berücksichtigt hat, wurde vom Finanzgericht nicht festgestellt. Der Bundesfinanzhof verwies den Fall daher zur weiteren Sachverhaltsfeststellung an das Finanzgericht zurück.